Montag, 4. August 2014

aux Oyats

Jetzt sitze ich also hier auf einem fremden Bett, mit noch schlechterem Internetempfang und fühle mich wie auf der Durchreise. Wenn ich dabei noch mein ganzes Gepäck sehe, was hier sporadisch in irgendwelchen freien Ecken lagert, weil das Zimmer normalerweise belegt ist, merke ich, wie die Ausreise naht. Eben ist mir das Wort wieder eingefallen, welches immer mal wieder auf den Seminaren gefallen ist. Wir sprechen hier von "Départ".

Ein paar Worte zu "Oyats", dem Foyer in dem ich gerade bin. Es wurde erst vor ca. 8 Jahren gebaut, ist dementsprechend modern und praktisch. Die Zimmer sind groß und geräumig. Jedes hat einen eigenen Waschraum mit WC, Waschbecken, Dusche, und das ohne Trennwand oder Duschkabine. Naja, die typische Bauweise französischer Bäder, oder zumindest, wie ich es bisher kennengelernt habe. Ich denke jedesmal, dass ich alles unter Wasser setze, aber erstaunlicherweise spritzt Wasser doch nicht so weit, wie ich immer dachte. Noch einmal zum Haus als Ganzes. Es besteht nur aus Erdgeschoss und 1. Stockwerk. Es gibt 2 Fahrstühle, die eigentlich kaum jemand benutzt, da keiner (auf Dauer) im Rollstuhl sitzt und alle, die Probleme mit dem Laufen haben, unten ihre Zimmer haben. Ich habe ihn einmal benutzt, nämlich als ich mein ganzes Gepäck hier hoch schaffen musste. An das Bier habe ich sogar gedacht, das lagert aber noch im Auto, denn "kein Alkohol im Foyer". Der Schlüssel liegt auch bei mir im Zimmer. Unten hängen sowieso 4 andere und immer wenn jemand weg muss, nimmt er sich irgendeinen Schlüssel und guckt, zu welchem weißen, bzw. roten Opel Combo auf dem Parkplatz er gehört. Ich passe da ein wenig auf. Ganz nach dem Motto "Das ist unser Auto von der Bergerie". Zu der Personen Konstellation: Wir sind genug Assistenten und Aline kommt auch fast jeden Tag für's Organisatorische. Sie hat mich heute schon mt zwei Bewohnern nach Wimereux in's Touristen Office geschickt, damit wir Ausflugsideen sammeln. Ich bin mal gespannt, ob wir viel machen können diese Woche, denn die Leute hier brauchen wirklich körperliche Pfege und sind auch sehr schnell müde oder haben keine Lust mehr. 
Der beste ist sowieso Serge (den ich einmal mit Deutschland-Fähnchen bemalt habe). Er hört sehr schlecht, deshalb muss man ihn immer anschreien und selbst dann versteht er es nicht. Heute Morgen kam er erstmal, hält seine Hände wie ein Fernglas vor die Augen und guckt mich daraus an. Hieß also, er wollte seine Brille, die über Nacht im Büro liegt. Heute auch in Wimereux. Er stand brav neben mir und hat die Prospekte und Flyer an sich genommen, die ich ihm gegeben habe. Nach einer Weile, hat er, sobald ich einen Flyer auch nur zum Angucken in die Hand genommen habe, ihn mir abgenommen und zu seinem Stapel gepackt. Im Endeffekt haben wir also fast jeden Flyer mitgenommen, den es dort zu haben gab. Ich bezweifel aber, dass wir in einen Freizeitpark mit Achterbahnen fahren, 10km lange Wanderungen unternehmen, das Museum der Mode in Calais besuchen oder auf den Bauernhof fahren, bei dem man "das Eis, hergestellt mit der Milch von unseren Kühen" essen kann. 

Noch eine andere kleine Geschichte. Ich wollte mit Orsi, an unserem letzten Abend heute, etwas trinken gehen. Ich hatte ihr gesagt, dass ich sie abhole. Jetzt hat sie aber gerade frei und ist somit nicht in einem der offengebliebenen Foyers. Aus Gewohnheit bin ich zur Clairière, wo sie eigentlich wohnt, dort war aber alles dunkel und mir fiel auch wieder ein, dass es im Moment wegen Baumaßnahmen geschlossen ist. Weil ich absolut keinen Plan hatte, wo ich sie finden könnte, bin ich (vielleicht auch aus Gewohnheit) zur Garenne, dem Foyer, welches unterhalb der Clairière liegt. Natürlich wusste ich auch, dass dort eine Urlaubsgruppe von außerhalb ist, heißt eine andere Arche-Gemeinschaft. Als ich schon zur Tür hereinspaziert bin (alle Foyers sind grundsätzlich offen), höre ich wie im Wohnzimmer mit Gitarrenbegleitung gesungen wird (tpisches Arche-Klischee). Also über die Terrasse in die Küche, habe ich mir gedacht. Ich stand also kaum auf der Terrasse, da steht mir eine Frau mittleren Alters mit kurzen schwarzen Haaren gegenüber, streckt mir freundlich die Hand hin und sagt "Sprekken Sie dueutsch?" So habe ich dann auch den Rest der Urlaubsgruppe, die aus der Nähe von Antwerpen kommen, kennengelernt. Natürlich war Orsi nicht dort, aber so saß ich dann mit der netten Frau, einer weiteren Betreuerin und einer Bewohnerin, die mich angrinste und immer "JaJa" dazwischen gerufen hat, im Wohnzimmer. Habe die drei (!) Gitarren bestaunt und musste etwas wehmutig daran zurückdenken, als Gabriel dort saß, in seiner Garenne, und mit Charles Lieder für die Messe einstudiert hat. Komisch, wie schnell man das Gefühl hat, das ist MEIN Haus, ein bischen wie ein zuhause und dann merkt man (oder eher gesagt, diejenigen, die als letztes gehen), wie schnell man in diesem Haus in Vergessenheit gerät und wie oft und übergangslos doch die Bewohner wechseln. Also wieder zurück in das Wohnzimmer, das jetzt von einer Urlaubsgruppe aus Belgien für die allabendliche Gesangsstunde genutzt wird. So saß ich da mit meinem Französisch und war ganz baff, dass es gewünscht war, dass ich Deutsch spreche. Es war sogar von Vorteil, da die nette Frau gar kein Französisch spricht und auch die anderen, durch ihr Flämisch, besser Deutsch verstehen. Anschließend wurde ich noch gewisse häusliche Dinge gefragt, wo denn die Kaffeekannen seien z.B. Am Ende habe ich ihnen noch im Telefon erklärt, wie sie denn die zwei offengebliebenen Foyers erreichen können, nämlich unter den gespeicherten Nummern "Oyats" und "Chaloupe". Es war schön, den beiden zu helfen, die links und rechts von mir standen, über dem Display vom Telefon gebäugt und versucht haben, die französischen Namen nachzusprechen. Eigentlich sollte ich öfters Leute empfangen und willkommen heißen, die sich hier nicht auskennen. Zum Schluss wurde mir noch, witzig formuliert, mitgeteilt, dass ich jederzeit willkommen wäre.

Aus dem Kneipenbesuch mit Orsi wurde am Ende nichts mehr. Denn als ich wieder zurück war, auf dem Weg habe ich noch bei dem Apartment vorbeigeschaut, wo sie hätte sein können, und als ich wieder hier war und ihr geschrieben habe, war es auch spät und sie schon halb im Bett. Aber ich fahre sie und Livi morgen an den Bahnhof nach Calais, also sehe ich sie dort nochmal und kann mich verabschieden. Orsi kommt dann in ein paar Wochen zurück, weil sie ein zweites Jahr hierbleibt. Livi aber bleibt in Ungarn, wo sie studiert. Sie kommt nur mal für 1-2 Monate im Sommer als Aushilfe, nachdem sie schon vor 4 Jahren ihr soziales Jahr hier gemacht hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen