Dienstag, 24. September 2013

Was mache ich eigentlich hier?

Heute berichte ich mal von meiner Arbeit und Aufgaben, die mir bis jetzt zugeteilt wurden. Zuerst möchte ich noch erwähnen, dass ich es vorher nie für möglich gehalten habe, dass man Arbeit und Freizeitt so gut in Einklang bringen kann, wenn Wohn- & Arbeitsstelle identisch sind. Theoretisch habe ich einen 11-Stunden Tag, nämlich von 7 Uhr morgens bis 21:30, dazwischen 3 Stunden Pause. Oft ist zwischendurch nichts zu tun, da kann man sich ruhig mal raus in die Sonne legen (gut, dass ich mir die Mühe gemacht habe die Picknickdecke mitzuschleppen). Allerdings muss man sich an diese "lässige Arbeitshaltung" erst einmal gewöhnen, wenn man nur die deutsche Schaffer-Einstellung kennt. 

Also morgens fängt es an mit Frühstück vorbereiten. Da lauert schon die erste Herausforderung, nämlich an alles zu denken, bevor Nr. 5 herunter kommt und verbissen nach etwas sucht, das noch nicht erledigt wurde. Das macht einen gleich hellwach und konzentriert. Wenn alle fertig sind, müssen wir darauf achten, dass jeder sein Zeug bekommt, das im Büro eingeschlossen ist. Der eine sein Spray für seine Halbglatze (obwohl ich bezweifle, dass da noch Haare nachwachsen), die andere ihr rosa Handy und der Kettenraucher seine tägliche Portion an belgischem Tabak (der extra wegen ihm alle 3 Monate dort gekauft wird). Dann bleiben wir drei alleine zurück und freuen uns über die Ruhe. Dann wird gekehrt, durchgewischt, Toiletten und Waschbäder geputzt und Wäsche aufgehängt. Jedoch kommt 2x die Woche die Putzfrau, sodass wir dann immer die Ausrede haben "ach es wird morgen gewischt" oder "das reicht doch, wenn es gestern gemacht wurde". Auf diese Weise sind wir mit dem Hausputz schnell fertig und es ist trotzdem sauber, weil jeder von uns sieht, wenn was dringend gemacht werden muss und macht es auch. Ich z.B. putze extrem häufig den Gasherd, der bei so vielen Leuten ständig verfleckt ist. Danach wird in jedem Zimmer gelüftet und die Heizung abgedreht. Dafür brauchen wir unseren Schlüssel, den wir eigentlich den ganzen Tag brauchen. Alles muss abgeschlossen sein. Die Zimmer, die große Speisekammer, das Büro, sowie Wasch- & Putzmittel und nachts der Kühlschrank (dafür gibt es allerding Schlösser mit Zahlencodes). Trotzdem vergesse ich diesen blöden Schlüssel ständig. Schon zweimal saß ich vor unserem Haus und hab mich geärgert, dass ich einfach nicht an den Schlüssel denke, der gleichzeitig auch Haustürschlüssel ist. Beim zweiten Mal hatte ich allerdings Glück, dass mir gerade noch rechtzeitig eine rettende Idee gekommen ist. Da ich kurz vorher Valerie zum Bahnhof gefahren habe, hatte ich nichts weiter bei mir als die Autoschlüssel. Da ich keine 3 Stunden auf David warten wollte, bin ich wieder in Auto gesprungen und zurück zum Bahnhof gefahren, das Auto direkt davor geparkt, rausgesprungen, zum richtigen Gleis gerannt und in den Zug nach Lille gesprungen. Bereits im ersten Wagon hab ich die angetroffen und mir ihren Schlüssel ausgeliehen. 
Also weiter zu den Aufgaben... Ich mache Fahrdienste innerhalb von Boulogne und nach Ambleteuse, habe regelmäßige Treffen mit den Verantwortichen und den anderen Freiwilligen. Donnerstags gehe ich mit Valerie einkaufen, weil David frei hat und montags geht er allein mit Valerie, weil ich da meinen freien Tag habe. Dann kommen gelegentlich Aufgaben wie Möbel tragen hinzu, heute haben wir 4 antike Kleiderschränke kleingehauen und die Kleinteile 4 Stockwerke nach unten in den Bus getragen. Ich hab keine Ahnung, ob sie die nochmal irgendwie verwenden wollen. Und meine Hauptaufgabe besteht natürlich darin, bei den Bewohnern zu sein, sie zu unterhalten, ihnen beim Wäsche machen oder der Zimmersäuberung helfen. Ich diskutiere auch mit ihnen, weil einige von ihnen partout nicht duschen wollen. Dann stehen sie vor mir wie kleine Kinder und behaupten steif und fest, sie hätten schon geduscht. Die meiste Zeit verbringe ich allerdings in der Küche, da ich so etwas wie die Köchin des Hauses geworden bin. Zwar kochen die Bewohner und wir helfen nur, jedoch macht man im Endeffekt doch alles selber. Das Essen verteilen wir auch. Heute gab es Quiche, wobei eins dunkler war als das andere und Nr. 5, egoistisch wie sie ist, mir direkt gesagt hat, dass sie "es vorzieht von diesem und nicht von dem anderen ein Stück zu bekommen". Ich habe ihr gesagt, dass sie warten soll, weil sie noch nicht an der Reihe war. Dann wird sie total ungeduldig und nervös und nennt mich "Sophiän", denn nach fast 4 Wochen kann sie unsere Namen immer noch nicht und siezt uns weiterhin. Nachdem die Küche sauber ist und jeder seinen Tee getrunken hat, sitzen wir zusammen im Wohnzimmer, schauen Fernsehen oder spielen etwas. Einige beschäftigen sich selber, mit puzzlen z.B., oder andere gehen früh ins Bett. Was ich mir übrigens auch immer vornehme, aber nie schaffe. 

Freitag, 20. September 2013

Ein neuer Tag mit neuen Herausforderungen

Heute war das erstes offizielles Treffen mit den neuen Freiwilligen/Assistenten in Ambleteuse. Das mittwochs im Pub ist mehr so zum Vergnügen gedacht und auch nicht zwingend. Also haben wir uns heute nochmal alle vorgestellt, ein neues Gesicht war immerhin dabei. Dann ging es noch um positive Erfahrungen mit den Bewohnern und um unsere Eindrücke des ersten Tages. Ich wurde sogar auch einigermaßen verstanden, aber das braucht man auch nicht zu fürchten. Sich irgendwie zu äußern ist besser als gar nichts zu sagen. Denn was ich am meisten vermisse sind lockere Gespräche und Scherze, eben reden "frei Schnauze". Gut, dass ich dafür Valerie habe. 
Heute Mittag bin ich zum ersten Mal mit zu diesem Tanz-Fitness-Kurs gegangen. Genannt "Madness" - und das kann man ruhig wörtlich verstehen. Ich musste nach Ambleteuse fahren, Bewohner einsammeln und zurück nach Boulogne fahren. Da ich den Weg zum Fitnessstudio nicht wusste, meinte Aline, dass ich hinter ihr herfahren kann. Es fing schon damit an, dass sie eine andere Route nach Boulogne gefahren ist, als die, die ich kenne. Die Straßen waren sehr eng und holprig und sie ist so schnell gefahren, dass ich Schwierigkeiten hatte, hinter ihr zu bleiben. Natürlich hat sie auch nicht bedacht, dass ich eigentlich nicht so schnell fahren darf wie erlaubt. In Frankreich muss man nämlich unter 25 oder 23 mindestens 10km/h langsamer fahren, als alle anderen. Das ist auch mit einem großen "A"-Aufkleber gekennzeichnet. Dann haben im Auto alle draufbestanden, Musik anzumachen um sich aufs Tanzen einzustimmen und Nr.5 hat gemeckert, dass ihr zu heiß ist. Dann hat sie auf der Autobahn ständig das Fenster auf und zu gemacht, weil sie sich nicht entscheiden konnte. Auf dem Parkplatz angekommen, habe ich mich gleich neben Aline auf den Behinderten-Parkplatz gestellt und mich gefreut, dass ich dort jetzt legal parken darf. Leider ist auf dem Auto keine entsprechende Kennzeichnung, sodass ich doch noch umparken musste. Das Tanzen war ganz witzig, obwohl schon nach 10 Minuten Ballspiele gespielt wurden. 
Wieder Zuhause hat Valerie das Kochen übernommen. Dabei haben wir erkannt, dass man im Supermarkt nicht immer unbedingt die billigste Tomatensoße in der Dose kaufen sollte, besonders wenn sie "Aicha" heißt (sehr suspekt) und man sich nicht sicher ist, ob im Haus ein Dosenöffner vorhanden ist. Während Valerie also versuchte eine einigermaßen wohlschmeckende Soße zu machen, habe ich mich bemüht zwei Personen zu unterhalten. Die eine war heute zum Essen eingeladen und ist die, die bald zu uns zieht. Sie ist ein ganz zartes Persönchen (innerlich, nicht äußerlich) und redet immer leise und einem zerbrechlichen Stimmchen. Wenn man sie fragt, ob alles okay ist, sagt sie immer nur "ja". Deshalb fragt man sie am besten keine Entscheidungsfragen, sonst kann man kein Gespräch aufbauen. Mit dem Anderen habe ich  verschiedene Prospekte durchgeguckt und, da er nicht lesen kann, ihm ein Zitat von Francois Hollande "vorgelesen". Ich hoffe, er hat dabei mehr verstanden als ich. Bei dem Prospekt vom Supermarkt ist er allerdings richtig aufgeblüht und hat auf die verschiedensten Dinge gezeigt. Ich hab dann meine Standard-Sätze gebracht, wie "Das ist schön/lecker/groß/zu teuer/interessant/zu viel". 

Im Großen und Ganzen fühle ich mich hier von Tag zu Tag selbstständiger. Z.B. als ich heute auf dem Weg nach Ambleteuse meine Kreditkarte bei der Bank abgeholt habe oder die Fitness-Trainerin nach einer Liste für weitere Kurse gefragt habe. Generell ist man mit dem Auto hier wirklich gut dran, vorallem weil es uns jederzeit zur Verfügung steht, sogar in unserer Freizeit. Heute hatte ich noch etwas Zeit, bevor ich in Ambleteuse sein sollte und da bin ich links abgebogen und auf den Touri-Parkplatz in den Dünen gefahren. Daran fahren wir sonst achtlos vorbei, aber heute war schönes Wetter, es war gerade Flut und das Meer hat ausgesehen wie in der Karibik. Vorne hellblau-schimmernd und weiter hinaus wurde es immer dunkler. Sogar die Küste von England konnte man deutlich am Horizont erkennen. Die Landschaft hier ist wirklich wunderschön, vorausgesetzt das Wetter ist einigermaßen gut. Dennoch hat man hier bei Regen gute Chancen, dass es in ein paar Stunden wieder ganz anders aussieht. Letztens habe ich darüber Witze gemacht und gemeint, dass es morgen vielleicht schneit. Da hat David gelacht und ich hab mich über meinen ersten bewussten Witz gefreut. Er guckt immer ämusiert wenn ich vor ihm stehe, den Kopf im Nacken damit ich ihn überhaupt ansehen kann, und mich mitzuteilen versuche. Und Valerie lacht immer über meine Aussprache, aber das macht die zwei noch sympathischer, vorallem weil sie mich immer ausreden lassen und ich dabei selbst anfangen muss zu lachen, weil ich mir denken kann, wie schlimm sich das anhören muss. 

Dienstag, 17. September 2013

Tränen in der Bergerie

Heute wurde den Bewohnern mitgeteilt, dass zwei von hier nach Ambleteuse in ein Haus wechseln. Wir Assistenten haben das zwar zuvor schon bei einem Treffen besprochen, aber es war trotzdem traurig mit anzusehen, wie einige angefangen haben zu weinen und sie dann von Jolie, meinem Liebling, getröstet wurden. Sie muss leider gehen, weil sie wegen ihrer Krankheit (Down-Syndrom) weniger autonom ist als die anderen. Und Sébastien, mit dem ich mittlerweile ein richtig gutes Küchenteam bilde (nach unserer Panne mit den Kartoffeln) hat sich selbst gewünscht zu wechseln, da ihm Boulogne zu groß ist. Wahrscheinlich bleiben wir vorerst zu 9. (inkl. Valerie, David und mir), aber dann soll eine zu uns kommen, die im Moment in einer kleinen Wohnung in Ambleteuse lebt und die absolut nicht einsehen will, dass sie nicht alleine wohnen kann. Beste Voraussetzungen also. 
Nach dem Essen sollte ich Jolie in Ambleteuse abholen, die dort zum Dîner eingeladen war. Dort haben mich die Assistenten gefragt, ob ich einen anderen Bewohner zu seinem Haus fahren könnte, das paar Straßen weiter liegt. Er war vielleicht ein bisschen älter als ich, hat kein Wort mit uns geredet, ist aber alleine ein- und ausgestiegen und hat mir zum Abschied, von der Rückbank aus, die Hand, inklusive Handkuss gegeben. In solchen Situationen denke ich, dass es einfacher wäre mit solchen Menschen zusammen zuwohnen, als mit solchen, die diskutieren, wobei man auch nicht immer weiß, ob es sich nicht gerade auch um ein Selbstgespräch handelt. Mit Nr. 3 habe ich auch kein besonders gutes Verhältnis, seitdem ich ihr die Kekse weggenommen habe, damit sie nicht die ganze Packung isst. Ich finde es total inkonsequent, dass sie abnehmen soll, dann aber die Kekspackung direkt vor ihrer Nase liegen hat. Also war mein Plan, die Kekse zu nehmen und sie an die anderen zu verteilen. Nachdem ich also über den Tisch gelangt habe, wollte allerdings keiner welche haben und da erschien mir das Sinnvollste, sie selber zu essen. Seitdem werde ich ignoriert, wenn ich ihr "Hallo" oder "Gute Nacht" sage. Dummerweise ist sie eben gerade den Flur entlang-gewatschelt, als ich meine Tür aufgeschlossen habe und dabei ein Stück Schokolade zwischen den Zähnen hatte, weil sonst keine Hand mehr frei war. Aber gut, dafür klappt es mit Nr. 5 viel besser, nachdem Valerie und ich ein Gespräch mit ihr und Aline hatten. Sie braucht einfach länger, um sich an andere Leute zu gewöhnen und diese zu respektieren. 




Sonntag, 15. September 2013

Die Arbeit der Bewohner

Am ersten Tag wurden uns in Ambleteuse die verschiedenen Arbeitsplätze der Bewohner gezeigt. Es gibt den Garten, die Fabrik und das Atelier. 
Der "Garten" hört sich zwar klein an, umfasst aber mehrere Äcker, 5 große Gewächshäuser und eine Halle, in der der Verkauf stattfindet und die meisten Geräte verstaut sind. Diese Arbeit ist pure Knochenarbeit, ich weiß nicht, was dort im Winter oder wenn es regnet gearbeitet wird. 
Die Fabrik wurde uns bei unserem Vorbereitungsseminar als "Puddingfabrik" vorgestellt, eigentlich werden dort die verschiedensten Waren von Großlieferungen in kleinere Pakete verpackt. So z.B. Pudding Kit (getrocknetes Obst, das über den Pudding gestreut wird), Katzenfutter und Lippenkonturenstifte. Wie es zu dieser Kombination gekommen ist, weiß ich selber nicht. Auf jeden Fall werden Tüten verpackt, in denen jede Sorte Pudding Kit einmal vertreten ist, diese werden an Weihnachten viel verschenkt. Dann werden Kartons gefaltet und mit verschiedenen Sorten Katzenfutter zu einem ´Premium Futterpaket´ zusammengepackt. Ich hab mich schon erkundigt, was das kostet, vielleicht bekommt der Garfield mal so eins mitgebracht. 
Im Atelier "arbeiten" die am stärksten Eingeschränkten, da wird dann gebastelt, gebügelt, aber auch einfach nur zusammen gesessen und gesungen. Beschäftigung also. Als wir uns dort am ersten Tag bei den Anwesenden vorgestellt haben, standen wir in einer Reihe hinter der Sofa-Gruppe und mussten ein paar Dinge über unsere Person sagen. Zuvor gab es eine Vorstellungsrunde der Personen, die bestimmt über eine halbe Stunde gedauert hat, weil viele sich kaum ausdrücken konnten. Bei uns war es dann auch nicht anders, allerdings wurde uns im Gegensatz kaum Aufmerksamkeit geschenkt. An einer Stelle wurde geredet, an einer anderen genüsslich gegähnt, ich habe während ich gesprochen habe, die Haare geflochten bekommen. Schon eine merkwürdige Situation für den ersten Tag. 
Generell fängt die Arbeit gegen 8:30 Uhr an. Unsere werden von dem Bus abgeholt und abends gegen 17:30 Uhr wieder vor unserer Tür abgesetzt. In der Mittagspause essen die in den Häusern in Ambleteuse, die deshalb, anders als wir, zwei warme Mahlzeiten am Tag kochen müssen. Im Moment finden viele Vorbereitungen für ein Hilfsprojekt in Bangladesch statt. Daran nimmt aus unserem Haus einer teil. Was genau das ist, habe ich noch nicht herausgefunden, allerdings fliegen sie in ein paar Wochen nach Bangladesch um dort möglicherweise die hier hergestellten Produkte zu verteilen. Das ist schon wirklich bemerkenswert! 

Samstag, 14. September 2013

Gerade sind Valerie und ich ganz alleine hier, weil die anderen zum Essen bei Freunden eingeladen sind. So konnten wir uns eben etwas leckeres zum essen machen, nämlich Baguette mediterrane. Jetzt haben wir uns mit unseren Laptops und Kalendern an dem großen Esszimmertisch breit gemacht, essen Schokolade (das dürfen wir nämlich nicht wenn die Bewohner dabei sind, weil sie nicht viel Süßes essen dürfen) und im Radio Virgin läuft, schon zum 10. Mal heute, ´Animals´ von Martin Garrix. Ist ganz witzig, wenn das morgens schon um 8 Uhr läuft, aber es motiviert beim durchwischen. Heute der Tag hat sich ziemlich gezogen. Die einen haben Fernseh geguckt, ein anderer an seinem Puzzle weiter gepuzzelt und ich habe viel gelesen (Danke Tine für das Buch!). Dieses Wochenende gibt es in allen Museen freien Eintritt, deshalb gehen wir morgen mal in die Stadt runter und schauen, wo nicht allzu viel los ist. Gestern Abend war hier um die Ecke im Stadion ein Fußballspiel. Von meinem Zimmer aus (allerdings bei geöffnetem Fenster) habe ich die Musik, die Lautsprecher-Durchsagen und selbst die Pfiffe und Rufen auf dem Platz gehört. Deshalb war auch der Himmel gelb-grünlich gefärbt, nicht wie sonst orange. Aber aus meinem Zimmer kann ich bis runter zum Hafen blicken und nachts die Lichter von den Schiffen sehen. Das schönste Geräusch am Morgen ist allerdings das Möwen-Geschrei. 

Ein Wochenende ohne David...

David hat sein freies Wochenende und besucht seine Freundin in Paris. Das heißt, Valerie und ich müssen den Laden hier alleine schmeißen. Einige der Bewohner fahren übers Wochenende auch zu ihrer Familie, aber bis alle abgeholt sind, ist es ein ganz schönes Stück Arbeit. Heute hat schon der Erste sein Gepäck im Zimmer stehen gelassen. Nachdem Valerie und ich von Ambleteuse zurück waren (da müssen wir fast jeden Tag wegen irgendwas hinfahren), rief Nr. 5 an und wollte in Ambleteuse abgeholt werden. Eigentlich sollte sie mit ein paar anderen zum Tanzen gehen (in ein paar Wochen werde ich da auch regelmäßig mitmachen), erschien aber zu spät am Treffpunkt und wurde auch irgendwie vergessen. Wie auch immer das passieren konnte, ich glaube, das hat sie mit Absicht gemacht um uns zu ärgern. Also musste Valerie wieder nach Ambleteuse um sie abzuholen und ich blieb zu Hause und habe Tee vorbereitet (was uns einfacher erschien). Zuerst war ich mit dem Dauerredner alleine, der mir ständig hinterher gelaufen ist und ohne Punkt und Komma geredet hat. Das einzige was ich verstanden habe war, dass er sich über Nr. 5 lustig gemacht hat, weil es ja sonst überhaupt nicht ihre Art ist, irgendetwas nicht richtig zu machen. Als dann noch das Telefon klingelte, hat er so lange auf mich eingeredet, bis ich dran gegangen bin. Zum Glück war es nur Tamas von einem Haus in Ambleteuse, der für mich extra langsam geredet hat, sodass ich verstehen konnte, dass Nr. 5 bei ihnen war, jetzt aber auf einmal verschwunden ist. Ich habe gerade so erklären können, dass Valerie sie wahrscheinlich schon abgeholt hat. 
Abends kam die Großfamilie D. zum Essen. Um die 7 Personen zusätzlich zu verköstigen (weil das hier, genauso wie zu Hause, so ist, dass man Gästen immer genug anbietet), haben wir fast alles aufgebraucht, was für das restliche Wochenende eingeplant war. Irgendwie werden wir aber hinkommen, dann gibt es eben jeden Tag morgens, mittags, abends Baguette. 
Noch während der Essensvorbereitung musste ich Nr. 2 von seinem Bogenschützen-Kurs abholen. Ich habe das Sportzentrum zwar nicht gefunden, dafür aber eine kleine Tour durch die Stadt gemacht. Boulogne ist wirklich eine Berg-und-Tal Stadt mit sehr vielen Einbahnstraßen und Kreiseln, an denen nach jeder Ausfahrt direkt ein Zebrastreifen folgt. Glücklicherweise habe ich den Weg zum Haus zurückgefunden, nachdem ich zweimal Passanten gefragt hatte, und gemeinsam musste Valerie mit mir nochmal los, um ihn abzuholen. Trotz unserer Verspätung, war er noch seelenruhig dabei, seine Sachen in der Halle zusammenzupacken.  Also bevor ich französisch lerne, werde ich hier 3 Dinge lernen: Auto fahren (mit einem großen Gefährt in einer sehr unübersichtlichen Stadt), richtig kochen und das auch mal für mehr Leute, als beim einkaufen eingeplant wurde und 3., dass pünkltiche Menschen weniger von der Welt sehen, als diejenigen, die sich auch mal mehr Zeit nehmen als geplant. 

Donnerstag, 12. September 2013

Zur Abwechslung hier ein paar Bilder, jedes Mal vergesse ich das, wenn ich einen Post schreibe ;-) 








... Spielereien mit der Kamera ;-) Bis bald!

Titel sollte man wählen, bevor man auf Veröffentlichen geht...

Gestern haben wir zwei ehemalige Bewohner der Arche, die jetzt in einem Altenheim leben, zur Messe abgeholt. Der eine ist erstmal an mir vorbei gelaufen, als ich ihn begrüßt habe, der andere hat 10x die gleiche Frage gestellt, nämlich ob Valerie und ich mit David im selben Haus arbeiten. Auf der Fahrt nach Ambleteuse saß der ruhige auf der Rückbank zwischen Valerie und mir und hat im Wechsel vorbeifahrenden Autos gewunken und hat uns gefragt, wo wir herkommen und was wir so machen. Ich habe ihn nicht verstanden, aber zum Glück hat er sich zuerst nach rechts zu Valerie gedreht, sodass ich nur mit "ich auch" antworten konnte. 
Die Messe ist auch immer sehr interessant. Dieses Mal saß ein älterer Herr neben mir, der einem ständig die Hand abgeküsst hat und bei jeder Musik (sei es auch nur unser schiefer Gesang) nach vorne und zurück gewippt ist. Dann wird bei der Kommunion auch oft der Pfarrer im Gesicht abgetastet, oder eine Frau stellt sich, schelmisch unter sich grinsend, schon ganz früh in den Gang, um ja als Erste an der Reihe zu sein. 

Nachmittags kam Aline zum gemeinsamen Meeting vorbei. Ich habe extra um Punkt 15:30 Uhr Tee gekocht und Kekse auf den Tisch gestellt und dann kam sie eine ganze Stunde zu spät. Seitdem werde ich auch "Miss Cookie" genannt und David macht sich Sorgen, wenn keine Kekse im Haus sind. Oder auch das Kartoffel-stampfen ist allen gut im Gedächtnis geblieben. Ich höre nur "Kartoffel" und schon weiß ich um was es geht. Als wir das Abendessen vorbereitet haben, haben wir die Fernsehzeitung durchgeblättert und zu jeder Person eine passende Filmfigur gefunden. Das ist unser Team:
http://www.kritikertipp.de/wordpress/wp-content/uploads/2013/06/ich-unverbesserlich-2.jpg
Aline kommt zwar nur alle 2-3 Tage, aber dann hat sie die Fäden in der Hand. David ist zwar nicht so korpulent und auch kein Superschurke (auch wenn er ab und zu launisch sein kann und sich gerne in sein Zimmer zurückzieht), aber er ist hier der Daddy im Haus. Z.B. heute im Supermarkt gab es eine große Abteilung ´Alles für 1 €´ und da bin ich wie ein kleines Kind vor David hergelaufen und hab irgendwelche Sachen hochgehalten und gemeint, dass wir die UNBEDINGT für unseren Haushalt brauchen. Gekauft wurden davon zwar nur 2 Sachen, aber immerhin. Die kleinen Minions da unten sind Valerie und ich, da wir immer, noch etwas planlos, durch die Gegend wuseln. Auch probieren wir vieles einfach auch. Okay, dass das Kühlschrankfach zu instabil ist um daran zu ziehen, konnten wir nicht wissen. Aber welche Viecher nachts durch die Dünen streifen, haben wir gestern selbst gesehen. Bestimmt 5 Feldhasen haben unseren Weg gekreuzt, aber wir haben es gemeistert, keinen davon zu überfahren. 

Dienstag, 10. September 2013

Hallo ihr Lieben! Ich wollte mich mal bei euch bedanken, dass ihr immer so fleißig meinen Blog verfolgt. Es freut mich wirklich sehr zu wissen, dass ich euch zu Hause mit meinen kleinen Geschichten zum Schmunzeln bringen kann. Heute war wieder so ein Tag, an dem alle Arbeit schnell erledigt war und ich viel Zeit für mich hatte. Aber dafür war der Abend um so hektischer. Diesen Tag nenne ich "Tag der Verspätungen", denn schon das Baguette war heute Morgen nicht pünktlich auf dem Tisch. Nr. 5 wurde wieder total nervös und hat mich 5x danach gefragt. Dann kam der Bus aus Ambleteuse, der die Bewohner von der Arbeit abholt und vor unsere Tür absetzt, 20 Minuten später als sonst, was schon wirklich außergewöhnlich ist. Und dann kam das Abendessen.. Ich sollte mit einem zusammen kochen, der das eigentlich super hinbekommt und in der Zwischenzeit war David mit ein paar bei der Pediküre. Geplant war ein Quiche mit Kartoffel-Püree. Allerdings hat das Kartoffelschälen schon länger gedauert als erwartet und dann waren das auch noch so "Ömmesse", dass die überhaupt nicht gar wurden. Wir haben ein paar Mal versucht sie zu stampfen, ging aber nicht und so haben wir bestimmt 3x neues Wasser aufgesetzt, um sie weiter zu kochen. Als es schon 20:15 Uhr war, meinte David, dass es keinen Sinn mehr hätte. Und so wurden Dosen von unten hochgeholt, Sauerkraut mit Würstchen, Linsen und Speck in der Pfanne angebraten. Da mir das arg wenig erschien, habe ich die Nudeln Carbonara vom Mittagessen zu den Linsen dazu gekippt. So kochen wir fast immer. Alles wird in einen großen Topf, am Besten in den Wok, gekippt und mit Gemüsebrühe verfeinert, weil es hier anscheinend keine Soße zum Anrühren gibt. Das Kartoffel-Quiche gibts dann morgen, das ist dann wenigstens schnell gemacht. Dafür stand ich heute aber auch bis 21 Uhr in der Küche und habe gespült. Gut, dass wir unseren Boss hier haben, der uns anweist, wenn was nicht so klappt. Er ist auch zur Stelle, wenn ein Schal sich im Jackenreißverschluss verfängt oder der Fernseher nicht anspringt, aber auch wenn es Tee und Kekse gibt. Dann kommt er aus dem Büro, in dem er "arbeitet" (ich weiß aber, dass er Computerspiele zockt) und gesellt sich zu uns. Aber er ist wirklich ein super Responsable, denn er hilft uns wenn wir ihn brauchen, aber gibt uns auch genug Raum, um selbst zu entscheiden, was im Haushalt getan werden muss oder wie man die Bewohner gerade beschäftigen kann. 

Montag, 9. September 2013

Boulogne

Heute habe ich meinen freien Tag. Valerie und ich haben uns ein bisschen die Stadt angeschaut. Die Kathedrale haben ich gestern beim Gottesdienst schon von innen gesehen. Ich musste ein paar Leute dorthin begleiten, Nr. 5 ist natürlich eine halbe Stunde vor uns hingelaufen, um ja pünktlich zu sein. Nr. 1 hat sich auf dem Weg dorthin bei mir untergehakt und gemeinsam sind wir den andern beiden hinterher gehechtet. In der Kathedrale hat sie ganz viele Leute gekannt, denen ich dann auch gleich vorgestellt wurde. Als wir uns gerade hingesetzt hatten, hat sie wieder irgendwen gesehen, hat sich meine Tasche geschnappt und mich hinter ihr hergeschleift, durch den Mittelgang bis in die erste Reihe. Gut, unauffällig ist unser Trüppchen nicht, aber dafür kann man sie kaum verlieren. Das ist mir z.B. gestern auf dem Flohmarkt passiert. Ich wollte mir unbedingt Gummibärchen an so einem selbst-zusammenstellen-Stand kaufen, habe dabei gar nicht auf die anderen zwei geachtet (ja, ich bin eine schlechte Aufpasserin) und auf einmal waren sie nicht mehr da. Zum Glück kamen sie aber nach ein paar Minuten auf mich zugestürmt, Nr. 1 strahlend und mit einer riesen Zuckerwatte in der Hand. Auf jeden Fall... der Text wird schon wieder so lang... bekommt man in Boulogne alles was man braucht, die Shopping Straße ist sogar mit bunten Bällen verziert und damit gut zu erkennen. Durch die Rue Grande kommt man direkt zum Hafen und nach einem Mal abbiegen steht man quasi schon am Strand. Direkt daneben befindet sich das Meereszentrum mit einem Becken für die Robben, dass man sogar von außen durch eine Glaswand sehen kann. Zurück musste Valerie dann mit dem Bus fahren, wir wussten auch, wann der Bus vom Busbahnhof abfährt, aber nicht die genaue Haltestelle. Alle Franzosen, die wir gefragt haben, waren entweder unfreundlich oder dumm oder beides. Auf jeden Fall konnte uns keiner auf die Frage "von wo fährt der Bus nach Ambleteuse?" eine Antwort geben, die wir auch verstanden hätten. Selbst die Leute, die an der richtigen Haltestelle standen, wussten es nicht oder haben uns irgendwo anders hingeschickt. Selbst wenn man uns aufgrund der Aussprache nicht versteht, muss man doch "Ambleteuse" raushören können. Aber okay, es sind nicht alle so. Unser David z.B. ist sehr geduldig und versteht auch meistens was ich meine. Letztens wollte ich was mit "Wasserkocher" sagen, habe dann mit den Händen kochendes Wasser nachgemacht und dabei so etwas ähnliches wie "blübblablubb" von mir gegeben. Zu meiner Überraschung hat er "Ja, genau!" gesagt und da hat sich mein Geräusch doch tatsächlich so angehört, wie das französische Wort für Wasserkocher. Ihr seht, ich kämpfe mich durch. Heute habe ich es ganz alleine geschafft mir einen Regenschirm zu kaufen, nachdem ich schon klatschnass geworden bin. Allerdings hatte es schon wieder aufgehört, als ich nach draußen kam. Das Wetter hier ist wirklich sehr wechselhaft. Da geht man mit Sonnenbrille aus dem Haus, kauft sich bei strömendem Regen einen Regenschirm und wenn man das Geschäfft verlässt, scheint wieder die Sonne. 

Sonntag, 8. September 2013

Personen Teil 2

Numéro 5: Über diese Person könnte ich jetzt schon 10 Seiten schreiben. Sie ist die Diva hier im Haus und auch die Älteste. Sie ist super korrekt und kritisiert alles und jeden. Ich habe schon am 2. Tag gezeigt bekommen, wie ich die Türen nachts leise zu schließen habe. Da habe ich noch neben ihr das Zimmer gehabt. Es war schrecklich, ich habe mich die Nacht darauf kaum getraut aufs Klo zu gehen oder Schränke/ Schubladen zu öffnen, denn es knarrt einfach alles hier. Dann ist sie abends für das Zubereiten vom Kaffee zuständig und hat das Valerie auch sehr deutlich mitgeteilt, als sie ihr dabei zusehen wollte. Wenn sie Essen macht, ist sie dabei so flix, dass das Essen schon vor der Zeit fertig ist. Danach wischt sie die Küche und stellt das "Achtung Rutschgefahr" Schild davor, was sonst NIE zum Einsatz kommt und schließt die Küchentüren. Valerie und ich lachen uns immer darüber kaputt. Gestern als wir 100 Meter weiter zum Kaffee trinken gegangen sind, war sie sehr besorgt, ob wir denn auch die Nummer von David hätten, denn es könnte ja sein, dass Nr. 1 überfahren wird (so hat sie das wirklich gesagt)! Wäre mein Französisch besser, hätte ich ihr sarkastisch gesagt, dass es dann auch nichts mehr bringt, David anzurufen.Letztens im Gottesdienst hat sie bei den Fürbitten für die Leute gebetet, mit denen sie noch nicht so klar kommt, versteht sich von selbst, dass wir damit gemeint waren. Aber ohne sie hätten wir nur halb so viel Spaß!

Numéro 6: Unser Langfinger im Haus. Wegen ihm hat auch jeder einen Schlüssel für alle Zimmer, nur er eben nicht. Er ist aber sonst angenehm und verantwortungsbewusst. Seit gestern hat er noch einen Plus-Punkt bei mir. Da waren wir nämlich unten in der Stadt und haben uns die Lichtshow mit Musik angeschaut und da waren so viele Menschen, dass er und Nr. 4 problemlos hätten abhauen können. Haben sie aber nicht gemacht, sondern sind da stehen geblieben, wo wir sie zuvor abgesetzt hatten. 

Numéro 7: Sie hat Probleme beim Laufen und ist zurzeit krank. Sie war auch am Sonntag mit am Bhf um mich abzuholen. Puh, zu ihr fällt mir gerade gar nichts mehr ein. Naja, später vielleicht.

Numéro 8: Er ist erst seit Kurzem hier, aber keine Ahnung wo er vorher war. Er braucht für alles sehr sehr lange. Letztens haben wir abends ein Spiel gespielt und als wir fertig waren und eingepackt haben, hat er immer noch vor seinem vollen Brett gesessen (so ähnlich wie beim Rommé) und angestrengt nachgedacht, welchen Zug er als nächstes tätigen kann. Er ist lang und dünn und sitzt immer sehr gerade am Tisch. Er ist noch sehr still, taut aber nach und nach auf. Beim Essen isst er genauso langsam wie ich, alle anderen sind immer richtig schnell fertig. 


Gleich geh ich mit Nr.1 zum Flohmarkt und morgen ist mein freier Tag. VallePalle (die andere Valerie aus Ambleteuse) kommt zu Besuch und gemeinsam erkunden wir heute Abend mal das Nachtleben in Boulogne. 

Samstag, 7. September 2013

Personen Teil 1

Jetzt habe ich kurz Zeit etwas über die Personen hier zu erzählen. Da ich keine Namen nennen darf, zumindest nicht von den Bewohnern, gebe ich ihnen ab sofor Nummern. Ich hoffe es kommt nicht abwertend rüber, aber so geht es für mich am einfachsten (vorausgesetzt ich verwechsele die Nummern nicht...).

Numéro 1: Mein absoluter Liebling. Sie ist klein und hat nur ganz wenig Fusselhaare auf dem Kopf, ist aber total niedlich und lacht sehr viel. Morgens kommt sie immer mit ihrem rosa Plüsch-Bademantel ins Esszimmer. Heute hat sie sich hingesetzt, kurz überlegt, ist wieder aufgestanden und einmal um den Tisch gelaufen um jedem die Hand zu geben und links und rechts zu küssen. Valerie und ich wurden dann noch gedrückt. Sie wohnt neben mir und hört gerne ABBA. Außerdem ist sie mit Nr. 2 zusammen.

Numéro 2: er ist der, der am Sonntag am Bhf mit dabei war und meinen schweren Koffer ziehen musste. Er ist sehr groß (witzige Kombi die zwei) und spielt ständig mit seiner Brille rum, die er an einer Schnur trägt. Er redet wahnsinnig schnell und ist deshalb abends sehr müde, weil dabei seine ganze Energie draufgeht. 

Numéro 3: Wegen ihr gibt es 2x die Woche dunkles Brot, weil sie abnehmen soll. Damit wars das aber auch schon, denn sonst isst sie alles mit (Eis zum Nachtisch, Zucker im Tee, abends viele Kohlenhydrate). Es gibt einen Sessel im Esszimmer, den sie immer für sich beansprucht und dort liest sie ihre Zeitschriften. Als ich danach gefragt habe, hat sie gar nicht groß reagiert, das macht sie meistens nie und sie redet auch sehr undeutlich. Gestern haben Valerie mit ihr eine ihrer DVDs geschaut, dafür hat sie extra eine Art Mini-Laptop. Passenderweise ging der Film darüber, wie glücklich man ist, wenn man in einer Schokoladenfabrik arbeitet. Sie ist mit Nr. 4 zusammen (das waren dann auch alle Pärchen).

Numéro 4: Ihm merkt man kaum an, was er für eine Krankheit hat. Er tippt gerne auf seinem Handy rum und fähr sich mit der Hand übers Gesicht. Er hat aber eine sehr freundliche Gestik und ist immer hilfsbereit. Heute hat er sehr leckeres Mittagessen gekocht. 


Wir sind jetzt gleich zum Kaffee trinken eingeladen, es hat nämlich ein Mitarbeiter aus Ambleteuse Geburtstag. Vielleicht gibt es ja so leckere Stückchen wie gestern in der Bäckerei. Heute Abend kommt der Rest.

Freitag, 6. September 2013


Hier kommen erstmal die wichtigsten Informationen, das wird dann nach und nach erweitert.

Die Sprache…
Ist natürlich schwer, aber einige Wörter verstehe ich schon aus dem Sachzusammenhang. Mit dem Verständigen klappt es noch nicht so gut, ich bin froh, wenn ich mir einen Satz richtig zusammen-gepuzzelt habe. Manchmal klappt es auch wenn man englische Wörter französisch ausspricht. Oder heute z.B. habe ich zwei, wie ich finde, super Eselsbrücken gefunden. „Propre“ heißt sauber, „propp“ gesprochen, und wer denkt da nicht an ´Meister Propper´. Das andere Wort ist „le sac“ (Tasche), so heißt ein Geschäft zu Hause. Aber natürlich sind die Fortschritte, die ich von Tag zu Tag mache enorm!

Zu essen…
Gibt es den ganzen Tag! Morgens wird Baguette mit Marmelade in die Müslischüssel mit Kaffee getunkt, daran muss man sich auch erst mal gewöhnen, und anschließend wird der restliche Kaffee aus der Schüssel getrunken. Mittags sind wir nur zu dritt, heißt, wir können uns zu essen machen was wir wollen. Nachmittags wenn die Bewohner nach Hause kommen, gibt es Tee und Früchte. Abends wird dann eine Stunde vorher angefangen zu kochen. Jeden Tag ist ein anderer Bewohner dafür verantwortlich und wir helfen nur dabei. Das heißt letztendlich doch, dass Valerie und ich etwas essbares kreieren. Ich bin meistens für das Abwaschen von Messern und Pfannen verantwortlich. Genau wie heute Abend, da sind öfters mal Nudeln im Waschbecken gelandet, was ich schon kritisch beobachtet habe, weil es ja klar ist, wer anschließend den Abfluss wieder sauber macht…

Auto fahren…
Müssen wir hier, da wir mit den anderen Häusern in Ambleteuse Kontakt halten müssen. Wir hatten heute eine Art Testfahrt, die wir auch gut gemeistert haben. Allerdings ist das Auto für mich eher ein Kleinbus und in die Garage müssen wir rückwärts und berghoch einparken. Es gibt auch noch ein anderes Auto, ein 9-Sitzer, passenderweise heißt dieses Gefährt „Mini-Car“, aber damit dürfen wir nicht fahren.. zum Glück! 

Am liebsten würde ich jetzt schlagskaputt ins Bett fallen, aber ich halte noch kurz durch, um meine Anreise zu schildern. Die Bahn war mal ausnahmsweise ziemlich pünktlich. Wir drei (zum Glück sind wir zusammen angereist) mussten kein einziges Mal einem Anschlusszug hinterher hechten, das vorallem noch mit dem schweren Gepäck. Wir hatten jeweils in Brüssel und in Lille ca. 1 Stunde Aufenthalt, in der wir uns ein Café im Bahnhof gesucht hatten und uns darüber ausgetauscht haben, was für unnützen Kram wir alles mit uns schleppen. In Brüssel haben wir überraschend zwei andere Freiwillige getroffen, die dort von ihrer Arche abgeholt wurden. In Calais mussten mich Jana und Valerie aber leider verlassen, weil sie in den Häusern in Ambleteuse sind und ich in dem einen von sieben, das in Boulogne-sur-Mer ist. Die gefühlte Ewigkeit alleine im Zug war schon hart. Ich wusste zwar, dass ich am Bahnhof abgeholt werde (zur Not hatte ich mir aber auch den Weg zu Fuß bis zum Haus ausgedruckt), trotzdem war es beängstigend zu wissen, dass man mit diesen, einem bis dahin fremden Menschen, ein Jahr zusammen verbringt. Der Bahnhof in Boulogne ist wirklich klein und heruntergekommen und dort musste ich dann die erste Treppe des Tages meistern, und das mit 3 Tonnen Gepäck zum Ziehen und das Gleiche nochmal auf dem Rücken. Am Eingang haben mich dann eine Assistentin und zwei Behinderte abgeholt. Der Mann durfte meinen Koffer bis zum Auto ziehen, ihm hat man die geistige Behinderung kaum angemerkt. Es ist hier auch so, dass nicht gesagt wird, was für eine Krankheit die Menschen haben, bei einigen wissen es selbst die Verantwortlichen nicht. So finde ich es aber auch gut, denn man soll sie ja nicht pflegen, sondern mit ihnen zusammen wohnen. Ich war auch erstaunt, wie selbstständig alle sind. In der Wohnung hat man sich sofort heimisch gefühlt, in der Küche wurde gekocht, dann kam Besuch vorbei, der Tisch wurde gedeckt und dann saßen wir mit 12 Mann an dem großen ovalen Esstisch. Vor dem Essen haben wir uns alle an den Händen gehalten und eine Art Tischgebet gesungen, das Einzige was ich verstanden habe, war „oui, oui, oui“ und am Ende „bon apetit“, aber ich denke, dass ich bald kräftig mitsingen kann ;) Zum Nachtisch konnten wir wählen zwischen Bananen und Pfirsichen. Da die Pfirsiche noch gewaschen werden mussten, sind alle brav aufgestanden und in die Küche gelaufen. Nur eine ist sitzen geblieben und hat ihr Wasserglas drüber geschüttet. So geht’s natürlich auch. Anschließend haben wir Schilder für die heute selbst gekochte Marmelade gebastelt und dann wurden Gourmet Zeitschriften verteilt, aus denen sich jeder was aussuchen konnte. Jeden Tag kümmert sich wer andern ums Essen. Am Samstag sind wir Assistenten mit Risotto dran. Danach lief der Fernseher und nach einander sind alle ins Bett gegangen. Ab Morgen sind wir nur noch drei Assistenten, davon ein Verantwortlicher, ich schätze ihn so auf Mitte 20 und Valerie und ich. Noch eine Deutsche in der Arche, die Valerie heißt. Mit ihr kann ich auch gut die wichtigen Dinge besprechen, die jetzt zu erledigen sind. Koffer habe ich schon zum größten Teil ausgepackt und die Teelichter angezündet, denn die Deckenbeleuchtung funktioniert irgendwie nicht. Dem antiken Schrank traue ich auch noch nicht so ganz, denn daneben stehen an die Wand gelehnt zwei Holztüren, die anscheinend mal zu ihm gehört haben. Aber ich habe noch einen anderen Schrank, wo allerdings die Schiebetüren nicht einwandfrei funktionieren, aber Hauptsache ist genügend Ablagefläche vorhanden.

So, weitere Beschreibungen folgen, wie z.B. die kleine gruselige Kammer neben meinem Bett, aber das hat ja noch Zeit. So Romane liest sich ja kein Mensch länger durch.

Bis bald! Eure Sophia